Berichte > 25 Jahre Shelby Cobra GT
Vor 25 Jahren: Das Ende der grossen Shelby Aera
Nachdem wir letztes Jahr den Shelby GT 500 KR ausführlich und in allen technischen Details kennengelernt haben, möchte ich Ihnen dieses Jahr nicht wieder den technischen Aspekt der Shelbys näherbringen, sondern mit einigen Hintergrundinformationen unterhalten. Vor 25 Jahren endete die Aera der legendären Autos aus der Hand von Carroll Shelby. Der 1970er Shelby GT schliesst den Bogen vom ersten AC Cobra mit 260 ci Motor (Ch. No. CSX 2000) vom 26. Februar 1962 bis zum letzten Shelby GT. Ein GT 350 mit 351 ci und der Ch. No. 3294. Alle Autos waren mit Ford Motoren und Getrieben ausgerüstet. Die Chrysler Shelby (basierend auf dem amerikanischen Simca Horizon) waren nie mehr Autos nach Shelbys eigenen Ideen, denn er stellte lediglich seinen guten Namen zur Verfügung. Lee Iacocca war eben nicht nur als Ford-Vizepräsident ein Freund Carrolls, er ist es auch noch als Chrysler Boss.
Die ersten Cobras wurden von 1962 bis 1964 in Venice, California gebaut. Dann wechselte Shelby American nach Los Angeles. Von 1965 bis 1967 erfolgte die Produktion in den Hallen gleich beim Flughafen. Sie sind heute noch beim Landeanflug von Osten her auf der südlichen Seite zu sehen. ‘67 wurde der letzte Cobra produ-
ziert und ‘65 der GT 350 geboren. Von 1968 bis Ende 1970 wurden die Autos in Iona, Michigan hergestellt.
Die 1970er Modelle sind technisch mit den ‘69ern völlig identisch, denn im letzten Produktionsjahr fand der damals übliche jährliche Modellwechsel nicht mehr statt. Am Ende der ‘69er Produktion war noch eine stattliche Anzahl Fahrzeuge auf dem Werksareal und der Produktionslinie. Einige wenige standen noch bei Ford Händlern. Also entschloss man sich hauptsächlich auf kosmetische Aenderungen, damit dies auch die Händler mit ihren Lager- und Vorführwagen durchziehen konnten und somit nicht jährige Neuwagen horten mussten. Dies gelang jedoch nicht ganz, da ja auch die erste Zahl der VIN-Fahrgestellnummer von 9 für 1969 auf 0 für 1970 zu ändern hatte. Das FBI liess dies nur in den im Werk verbliebenen Autos zu und stellte zudem einen Agenten frei, der dies genaustens zu überwachen hatte. Also mussten alle Windschutzscheiben ausgebaut werden um die darunter sichtbare ID-Platte zu tauschen. Für die Vernichtung war der FBI Agent verantwortlich! Ebenso wurden die Doorsticker getauscht. Die am vorderen Radhaus eingeschlagene und unter dem Kotflügel nicht sichtbaren VIN wurden belassen! Aussen erhielten die Wagen auf der Motorhaube zwei schwarze Streifen längs zwischen den Luftöffnungen zur Kühlung des Motorraums und ein dem Boss 302 ähnlicher Frontspoiler wurde ins Auto gelegt. Nach der Ueberführung mit den Autotransportern waren sie durch den Händler zu montieren. In den USA gab es etwa 100 Shelby Dealers. Für den Europäischen Markt wurde ein grosser Teil der Cobra und Shelby GT durch den belgischen Ford Importeur Claude Du Bois in Brussels importiert. 1979, neun Jahre nach Ende der Produktion, konnte ich bei ihm noch einen Prospekt zu meinem ‘70 GT 350 finden. 1991 existierte die Firma jedoch nicht mehr. Mit der Auslieferung der letzten ‘70er Modelle wurden die Autos von Carroll Shelby zur Geschichte.
Eigentlich hatten die GT 500 weder 500 ci Motorinhalt, noch hatten sie von irgend etwas anderem 500 Einheiten, die zur Typenbezeichnung führen könnten. "500" tönte einfach gut für einen Big-Block Motor. Nicht alle Shelby Liebhaber wissen, woher überhaupt die Bezeichnung GT 350 stammt. GT für Grand Turismo ist noch allen ein Begriff. Aber 350? Ende 1964 sass Carroll Shelby schon längere Zeit mit ein paar seiner Ingenieuren für die Namensgebung zusammen und sie hatten noch immer nichts passendes gefunden, als Carroll den Chef-Ingenieur Phil Remington fragte: "Phil, wie weit liegt die Cobra Montagelinie vom Motorenbau entfernt?" Remington antwortete: "Etwa 350 Fuss". Damit entschloss sich Shelby für die Bezeichnung GT 350 für den neuen Sporttourenwagen. Denn wenn es ein gutes Auto würde, spielte der Name keine Rolle. Würde es ein schlechter Wagen, könnte ihn der Name auch nicht mehr retten, meinte Shelby dazu.
Der Zeitpunkt zur Lancierung der ‘70er Modelle war gekommen, als Carroll Shelby im Herbst 1969 die Zeichen der Zeit schon längst erkannt hatte. Die Generation der "Muscle Cars" begann durch restruktive, behördliche Vorschriften und steigende Versicherungsprämien zu verblassen. Nach 1970 sollten die PS Zahlen in den Keller fallen. Shelby entschloss sich, Fords Vizepräsident Lee Iacocca die Einstellung des Shelby GT Programmes vorzuschlagen. Es war also Shelby, der den ersten Schritt tat. Die Tatsache, dass Ford selbst drei interne Konkurenten (Mach 1, Boss 302 und Boss 429) im gleichen Rennen hatte, half ihm zu diesem Entschluss. Shelby wollte seine Idee mehr und mehr schützen und nicht zur Marionette werden. Er verlor die Freude am Autogeschäft zusehends. Vor allem seit er auch aus der Rennerei ausgestiegen war. Als Rennleiter der Werks-Ford GT 40 Rennabteilung war er mit vielen Siegen an Langstreckenrennen (Le Mans, Sebering, etc.) bis Ende der 60er Jahre sehr erfolgreich. Carroll selbst siegte 1959 beim 24-Stunden Rennen in Le Mans auf Ferrari. Auch Du Bois fuhr dieses Rennen mehrmals auf Ferrari und dann auch auf dem GT 40.
So waren es dann 315 Shelby GT 350 und 286 Shelby GT 500, also total 601 Autos die den Jahrgang 1970 trugen. Leider wurde in diesem Jahr über die Aufteilung in Cabrio und Sport Roof (Fastback) nicht genau Buch geführt. Die Leistungsfähigkeit der Wagen ab 1970 wurde von Detroit Jahr für Jahr zurückbuchstabiert. Das Kompressionsverhältnis sank und damit stiegen auch die Zeiten von 0-100 km/h wieder an. Jetzt begann mancher die Autos von Carroll Shelby in einem neuen Licht zu sehen. Die Cobras waren schon Legende. Der heutige Wert eines original Shelby übersteigt den seinerzeitigen Neupreis oft um mehr als das Doppelte. Und das finde ich eigentlich gerecht.